Amos Oz und Fania Oz-Salzberger haben – als säkulare Israelis – über die Bedeutung von Texten im Judentum ein Buch geschrieben. Herausgekommen ist eine Liebeserklärung an die hebräische Sprache im Allgemeinen und die Bibel im Besonderen.
Es ist das erste Mal, dass ich sie gemeinsam treffe: den Schriftsteller Amos Oz, 74, und die Historikerin Fania-Oz-Salzberger, 53. Vater und Tochter sitzen nebeneinander auf dem Sofa im Wohnzimmer seiner Tel Aviver Wohnung. Er ist erst vor Kurzem aus Arad in der Wüste ganz hierher gezogen. Seine Frau Nili und er wollten näher bei den Kindern sein. Fania ist die älteste der drei Geschwister. Sie habe dem Vater immer schon sehr nahe gestanden, sagt ihre Mutter, als sie Kuchen auf den Tisch stellt.
Hinter den beiden breitet sich eine gigantische Bücherwand aus, ganz so wie es sich für einen Autor seines Ranges gehört. Dann wollen Vater und Tochter von ihrem Buch reden, eher ein langer Essay, der schon seit Jahrzehnten in ihnen gegärt habe.

Fania Oz-Salzburger:
Juden und Worte
Jüdischer Verlag im
Suhrkamp Verlag 2013
Die kleine Fania war um die acht, da unterhielten sie sich bereits über ihr jüdisches und israelisches Dasein und über die Bedeutung ihrer hebräischen Muttersprache. Alles ging immer wieder auf Texte zurück. Die Lebensadern der jüdischen Geschichte bestanden ud bestehen für sie vor allem aus geschriebenem oder mündlich überlieferten Worten, von der Bibel bis zur Pessach-Hagadah. Die Weitergabe dieser Texte, die man immer schon gelesen oder gehört hat, von Generation zu Generation gewährleiste eine einzigartige Kontinutität.
Den Anstoss, diesen Dialog zwischen Vater und Tochter niederzschreiben, gab Yale University Press, die sie um eine Einführung zu einer zehnbändigen Anthologie über jüdische Kultur gebeten hatte. Deshalb gab es das Buch zuerst auf Englisch, jetzt erschien es auf Deutsch, und demnächst wird es auch auf Hebräisch erhältlich sein.Es gelangt sozusagen erst auf Umwegen nach Israel. Dabei aber ist das der Hauptschauplatz ihrer Liebeserklärung an die hebräische Sprache ganz allgemein und an die Bibel im Besonderen.
Beide sehen sich als säkulare israelische Juden, die dieses uralte religiöses Erbe auf ihre eigene Weise beanspruchen. Atheisten der Bibel nennen sie sich, davon gibt es viele in Israel. Gerade im Kibbuz, wohin es Amos Oz als Teenager hingezogen hatte und Fania aufgewachsen ist. Dort las man in der Schule auch selbstverständlich den Tanach – in seiner hebräischen Urfassung. Um von diesem atemberaubenden Text fasziniert zu sein, sagen sie, brauche es keinen Gott. In Israel sei das nie ein Widerspruch gewesen.
Amos Oz erinnert daran, dass die Gründerväter des Landes überzeugte Säkulare waren. Ihnen sei bewusst gewesen, dass sie einen Nachlass angetreten und in einen völlig neuen Kontext gestellt hatten. Ein rechtmäßiger Erbe habe das Recht, frei über sein Erbe zu verfügen; er könne entscheiden, welche Möbel in den Keller kommen und welche in der Wohnung stehen bleiben.