Sie selbst hat Teile ihres Lebens in Österreich und Teile in Israel verbracht. Für ihre Kinder wünscht sie sich: dass sie sich wohlfühlen, wohin sie das Leben auch treibt. Seit dem Sommer leitet Julie Handman das Jüdische Institut für Erwachsenenbildung. Dabei will sie auch Neues ausprobieren: Nun startete erstmals ein Kinderprogramm.
Von Alexia Weiss
Wo sie in zehn, 20 Jahren leben wird? Julie Handman macht keine Pläne mehr. „Über dieses Thema sprechen wir zu Hause nicht. Unser Leben war von so vielen Zufällen bestimmt, dass wir nicht mehr planen.“ Julie Handman hat ihre Kindheit in Israel verbracht, wobei ihre Eltern aus Georgien eingewandert waren, als sie noch ein Baby war. Erez Handman, dessen Vater aus Rumänien nach Israel kam während seine Mutter eine Sabre ist, verbrachte die ersten 21 Jahre seines Lebens in Mailand. Seine Eltern ließen sich dort in den Siebzigern nach dem Studium nieder.
Kennen gelernt haben Erez und Julie einander in Israel: Beide hatte es zum Studieren zurück in die alte Heimat gezogen. Jobbedingt erfolgte die Rückkehr nach Europa kurz vor der Geburt des zweiten Sohnes. Erez Handman arbeitete in Italien, Julie Handman in Wien. Inzwischen hat die Pendelei seit vielen Jahren ein Ende und das Paar lebt mit den beiden Söhnen in Wien.
Ein Kulturschock
Interessant ist ihre Antwort auf die Frage, wie sie den Kindern deren jüdische Identität vermittelt. „Diese Frage stellt sich gar nicht. Zu Hause wird Hebräisch gesprochen. Wir sind einfach jüdisch mit allem was dazugehört – das ist so. Und ganz im Gegenteil: Wir beschäftigen uns in Wien viel mit anderen Kulturen. Vielleicht weil wir so gefestigt sind. So können wir zum Beispiel auch zu Hause koscher essen und es draußen lockerer handhaben.“
Julie Handman kam im Alter von zwölf Jahren mit ihren Eltern nach Wien. Zunächst besuchte sie ein öffentliches Gymnasium. „Es war ein Kulturschock. Ich habe damals gleich verstanden, hier gibt es das nicht, dass man sich so wie in Israel nach der Schule einfach unten zum Spielen trifft. Es war alles viel komplizierter: Ich frage meine Eltern, ob man die Telefonnummer hergeben kann, und dann wird man etwas ausmachen. Und dann waren wir mit der Klasse in einer Anne-Frank-Ausstellung. Danach war sich die Klasse einig, dass ich aussehe wie Anne Frank. Du wurdest nicht als Mensch wahrgenommen, sondern nur als jüdischer Mensch.“ Glücklich war sie selbst erst, als sie an die Zwi-Perez-Chajes-Schule wechseln durfte.
Zeichen des Miteinanders.
Und warum sie ihre Kinder dann nicht an jene Schule geschickt hat, an der sie sich wohl gefühlt hat? „Das war anfangs der Plan und ich war auch sehr glücklich, als ich meinen damals fast dreijährigen Sohn zum ersten Mal in den Kindergarten der ZPC-Schule gebracht habe. Ich dachte damals, endlich ein wenig Kontinuität! Ich war eine der ersten Alumnae, die ihre Kinder zurückbrachten. Dann ist es aber doch anders gekommen.“ Heute besuchen ihre Kinder eine öffentliche Volksschule und ein öffentliches Gymnasium. „Das hat damit zu tun, dass ich Wien seit meiner Rückkehr vor zehn Jahren anders erlebe. Ich bin hier endlich angekommen. Ich bin nicht mehr das entwurzelte Kind, das ich mit zwölf Jahren war. Ich will, dass meine Kinder hier gut integriert sind und dass sie stolze Österreicher sind. Außerdem glaube ich, dass wir wienweit präsenter sein müssen, auch in öffentlichen Schulen. Wie willst du in Zukunft Vorurteilen und Antisemitismus entgegenwirken? Du kommst erst drauf, was die Leute über uns alles nicht wissen, wenn du mit ihnen zusammenlebst.“