Wonder Woman

Gal Gadot aus Rosh Ha’ayin spielt die Superheldin in dem neuen Hollywood-Blockbuster. Weltweit hat das gleich mehrere Debatten ausgelöst, die allerdings gar nichts mit dem Film zu tun haben.

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Superheldin. Den rasanten Aufstieg der 32-jährigen zweifachen Mutter aus Rosh Ha’ayn zum Hollywood-Superstar haben nicht nur Teenagerinnen mit verfolgt.

Der Film, für alle, die ihn (noch) nicht gesehen haben, ist kein Muss. Trotzdem macht einen ja all der Lärm, den Wonder Woman verursacht hat, neugierig. Wir haben ihn uns also angeschaut. Im Kino im Dizengoff-Center, wo er nun schon seit einigen Wochen läuft. Er beginnt und endet mit einer Szene in Paris, dazwischen führt er uns auf das fantastische Inselreich der Amazonen ebenso wie zu Schauplätzen in London und im besetzen Belgien während des Ersten Weltkriegs. Mit Israel hat das alles nichts zu tun, wäre da nicht Gal Gadot. Sie spielt die Superheldin.

Möglicherweise war man beim
Casting davon ausgegangen, dass man in der arabischen Welt an Gal Gadots Herkunft Anstoß nehmen würde.

Auf den vielen Postern in der Stadt sieht man sie in diesen Tagen gleich zweimal. Als neuerdings weltberühmte Amazone im sexy Metall-Outfit und mit wehendem Haar und, eher unscheinbar, als hier schon lange vertrautes Werbegesicht – diesmal für Sonnenbrillen der israelischen Firma Erroca.

Den rasanten Aufstieg der 32-jährigen (mittlerweile zweifachen) Mutter zum Hollywood-Superstar haben nicht nur Teenagerinnen mit verfolgt. Eigentlich wollte das nette Mädchen aus Rosh Ha’ayn Rechtsanwältin werden, dass sie zur Miss Israel gekrönt wurde, hat sie dann aber vom Weg abgebracht. Eine Rolle an der Seite der Männergang in The Fast and the Furious und in Batman v Superman brachte sie bald darauf nach Los Angeles. Alles in allem eine Art Cinderella-Märchen, das nun auch noch einen echten feministischen Touch bekommen hat.

Wonder Woman ist das überfällige weibliche Pendant zu Superman, Batman und Spiderman. Es hat ganze 76 Jahre gedauert, bis diese von dem amerikanischen Psychologen William Moulton Marson geschaffte Comics-Figur es nun auch auf die Leinwand geschafft hat. Ihre Geschichte ähnelt jener der männlichen Superheldenkollegen. Wonder Woman ist eine Amazone von der geheimnisvollen Insel Themyscira, auf der ausschließlich Frauen leben. Mit ihren übernatürlichen Kräften rettet sie einen gut aussehenden Piloten, der an der Küste abstürzt ist, und folgt seiner dringenden Bitte, die Welt zu retten. Man schreibt das Jahr 1918 und die deutschen Kriegsführer haben gerade das Senfgas erfunden.

Mit Patty Jenkins hat auch eine Frau Regie geführt. Über Gal Gadot sagt sie nur Gutes. Sie lobt ihre schauspielerischen wie menschlichen Qualitäten: Gal ist die perfekte Wonder Woman in vieler Hinsicht. Ihre Instinkte ähneln dem Charakter, den sie spielt. Sie ist wirklich sehr angenehm im Umgang und hält eine Menge aus, dabei steht sie aber ganz für sich. Sie versteht sehr gut, was um sie herum passiert. Sie ist nicht zart und zerbrechlich.“ Für den Film musste sie hart trainieren, um wie eine Amazone zu reiten und zu kämpfen. Möglicherweise kam ihr dabei ihre Armeezeit zugute. Da hat sie Soldaten im Kampftraining unterrichtet. Nach dem Anlaufen des Films in den Vereinigten Staaten kommentierte Gal Gadot in einem Interview mit der New York Times die Botschaft des Films so: „Feminismus ist Gleichheit, Freiheit und Selbstbestimmung. Die Drehbuchautoren, Patty und ich haben versucht, auf die beste Art und Weise zu zeigen, dass Diana kein Bewusstsein für soziale Rollen hat. Sie kennt keine Geschlechtergrenzen. Für sie ist jeder gleich.“

Wie die meisten groß angekündigten Hollywood-Blockbuster, darunter The Fast and Furious und Batman v Superman, sollte auch dieser in der arabischen Welt gezeigt werden. Im Libanon hingen schon die Poster, als man die Vorführungen wegen Gal Gadots Herkunft (und Armeedienst) im letzten Moment stoppte. Auch Tunesien stoppte den Film „vorübergehend“. In Algerien wurde er aus einem Festivalprogramm nachträglich entfernt. Nach einer Boykottdebatte in Jordanien (wo man trotz Friedensabkommen „keine Normalisierung mit Israel“ möchte) entschloss sich das dortige Königshaus, ihn dann doch zu zeigen. Vorführungen starteten auch in Marokko, Ägypten, Oman und den Vereinten Emiraten.

… ob die brünette Gal Gadot, deren Vorfahren aus Osteuropa stammen, die richtige Besetzung für eine Amazone sein kann. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob sie eine „Weiße“ ist.

Solche Angriffe sind nichts Ungewöhnliches. Möglicherweise war man beim Casting davon ausgegangen, dass man in der arabischen Welt an Gal Gadots Herkunft Anstoß nehmen würde. Sicherlich aber hat man nicht damit gerechnet, dass es noch zu einer ganz anderen Debatte führen wurde. Nämlich, ob die brünette Gal Gadot, deren Vorfahren aus Osteuropa stammen, die richtige Besetzung für eine Amazone sein kann. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob sie eine „Weiße“ ist. Amerikanische Kulturkritiker merkten gleich nach der Premiere an, dass der Film zwar Geschlechterbarrieren sprengen würde, aber eine von einer entlegenen Insel stammenden „native“ Amazone von einer blütenweißen Darstellerin gespielt werde.

Darauf meldete sich prompt ComicBook.com mit der Schlagzeile zu Wort: „Wonder Woman: Es GIBT eine nicht weiße Person in der Hauptrolle“ – und berief sich auf Antisemitismusdiskussionen nach Trumps Einzug im Weißen Haus, bei denen festgestellt worden war, dass europäische Juden zu den nicht weißen Minderheiten zählen sollten, unabhängig davon, ob sie nun hellhäutig oder blond wären, und dass ihr Casting somit als ein Triumph der Diversität sei. Der Forward wiederum argumentierte, dass Gal Gadot die Rolle bekommen hätte, gerade „weil man sie als passend für die Rolle einer Weißen ansah“. Im Film sei es doch klar, dass die anderen Wonder Woman als eine weiße Frau wahrnehmen würden. An anderer Stelle im Forward brandmarkte man dann endlich die ganze Debatte als „heimtückisch“, da sie auf jener antisemtischen Klaviatur spiele, die Juden auf der einen Seite zu den ultimativen Insidern (als Weiße) und auf der anderen zu den ultimativen Außenseitern (als die anderen) abstemple. Und wie zur Bestätigung twitterte dann auch gleich der einstige KKK-Anführer David Duke den Screenshot eines Titel aus der Times of Israel: „Ja, aschkenasische Juden (einschließlich Gal Gadot) sind nicht weiß.“ Und stülpte seinen eigenen Kommentar darüber. „Die Zionisten sagen, Juden und Wonder Woman sind keine Weißen.“

Wer sich allerdings dieser Tage in Tel Aviv den Film anschaut, interessiert sich für diese amerikanische Debatte nicht im Geringsten. Zum Glück.

 

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