Von Motek bis Manyak

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Oder warum ich hebräische Kosenamen und israelischen Slang so liebe. Von Iris Lanchiano 

Umgangssprache ist hier in stetiger Mutation. Mit jeder neuen Einwanderungswelle wurden und werden neue Wörter und Floskeln übernommen. Sie sind unumstritten unumgänglich. Es fängt schon in der Früh an. Die tägliche Aufmerksamkeit beginnt beim Kiosk um die Ecke. Mit mir steht noch ein junger Soldat an der Theke, der Kioskbesitzer schaut zuerst mich an, „Boker tov Neschama!“ (Guten Morgen, meine Seele!) – „Neschama“ heißt wörtlich übersetzt „Seele“, wird aber umgangssprachlich als „Schatz“ oder „Liebes“ verwendet. Dann dreht er sich zum jungen Soldaten, „Ach scheli ma bishwilcha?“ (Mein Bruder, was darf es für dich sein?). „Ach scheli“ oder auch „Achi“ (mein Bruder) ist so ziemlich jeder für jeden hier. Weiter geht’s im Taxi. Beim Bezahlen ist es immer hilfreich, Kleingeld zu haben, denn ich habe nur zu oft den Satz gehört: „Ein li odef Mami“ (Ich hab kein Wechselgeld, Liebes). „Mami“ wird so wie „Motek“ (Süße) oder „Neshama“ als Kosewort verwendet. Habe ich aber doch Wechselgeld, bedankt sich der Fahrer mit den Worten „Kapara Alaich“, was übersetzt soviel heißt wie „Sühne über dich“ und wie „Motek“, „Mami“ oder „Neshama“ verwendet wird. Diese Kosenamen sind besonders beliebt bei den sefardischen Israelis.

Viele Ausdrücke haben wir von unseren arabischen Nachbarn importiert.

Viele Ausdrücke haben wir von unseren arabischen Nachbarn importiert. Sie sind schon so verankert in unserem Sprachgebrauch, dass sie über unsere Zunge rollen wie Hummus beim freitäglichen Schabbat-Essen.Wenn wir zum Beispiel zustimmen möchten oder zum Ausdruck bringen wollen, dass uns etwas gefällt, verwenden wir die arabischen Wörter „Sababa“, „Achla“ oder „Al ha Kefak“, also „Daumen nach oben“. Wenn es mal nicht so gut läuft oder wir enttäuscht sind, also „Daumen nach unten“, dann ist alles „Ba’assa“. Wenn ich mit jemanden übereinstimme, etwas betonen möchten oder auch Recht geben, heißt es „Ashkara“, und wenn ich dasselbe nur mit anderen Worten sagen möchte, dann wird „Ya’ani“ verwendet.

Wichtig sind natürlich auch die Schimpfwörter, die von „Kus Emek“ (das Geschlechtsteil deiner Mutter) über „Scharmutta“ (Prostituierte) bis „Zubi“ (das männliche Geschlechtsteil) reichen. Der Ausdruck „Zubi“ zum Beispiel geht über seine eigentliche Bedeutung hinaus. Der Begriff wird als Zeichen von völliger Missachtung verwendet und geht einher mit eindeutiger Körpersprache. Beim Schimpfwort „Manyak“ ist man sich über den Ursprung nicht einig. Auf Arabisch wird das Wort für einen schlechten Menschen verwendet, aber es gibt auch diejenigen, die behaupten, es komme vom englischen Wort „maniac“ (Verrückter). In Israel jedenfalls ist der „Manyak“ (oder auch „Manayek“ genannt) ein hinterlistiges Arschloch.

Ein anderer Begriff aus dem Englischen, der im israelischen Slang übernommen wurde, ist der Ausdruck „lehiyot large“ (groß sein), damit ist jemand gemeint, der großzügig ist. Auch die russische Alija hat ihre Spuren hinterlassen. So wird neben vielen anderen Wörtern jemand „Kibinimat“ (wörtlich: zur gefickten Mutter) geschickt. Gemeint ist damit, dass sich jemand zum Teufel scheren soll oder aber auch ein Ort irgendwo im nirgendwo. Sogar Knesset-Abgeordneten ist das Wort „Kibinimat“ schon in der Öffentlichkeit rausgerutscht.

Im Reimen sind die Israelis auch ganz fleißig. So heißt es etwa „Achla Bachla, Ichsa Bichsa“ (Igitt) oder „Sababa Baba“. Um etwas besonders hervorzuheben, wird es oft zweimal hintereinander gesagt. So zum Beispiel „Hu lo rak Manyak. Hu Manyak, Manyak“ (Er ist nicht nur ein Arschloch, sondern ein richtiges Arschloch).

Beliebt sind auch „Heyusch“ (Hallöchen) und „Byeusch“ (Tschüsschen). Was bei Vornamen als gängiger Diminutivaffix (also wie im Deutschen -chen oder -lein) bereits üblich war, hat sich in den vergangenen Jahren in den allgemeinen Sprachgebrauch geschlichen. Also nicht wundern, wenn euch jemand bei eurem nächsten Israel-Besuch zur „Bar Mitzwusch“ einlädt. Das „-usch“ kann an jedes beliebige Wort angehängt werden.

Da sich im Laufe meiner Recherchen schon so viele Slang-Wörter angesammelt haben, werde ich euch im nächsten Beitrag erklären, was es bedeutet, wenn jemand „Filme isst“ und was die absolute Lieblingsfloskel der Israelis ist. Byeusch.

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