Die Magie des Compars Herrmann

Für Magic Christian, einen der bekanntesten und vielfach ausgezeichneten österreichischen Zauberkünstler, ist die „Kenntnis der Geschichte unbedingt notwendig, denn sonst kann man auch nichts Neues kreieren. Man sollte sich immer zuerst ein Bild davon machen, was es schon gibt. Das ist für mich auch in der Zauberkunst so.“

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Eines der weltweit bekanntesten Werbesujets des umtriebigen Zauberers.

Die Zauberhistorie hat Magic Christian schon immer fasziniert, und seit 1987 beschäftigt er sich unter anderem auch mit der historischen Aufarbeitung der Geschichte des im 19. Jahrhundert international bekannten Zauberkünstlers Compars Herrmann. Über die Israelitische Kultusgemeinde Wien konnte Magic Christian das Grab von Compars Herrmann am 1. Tor des Zentralfriedhofs in Wien ausfindig machen und kümmert sich aktiv seit 2009 um die Renovierung des Grabes. „Ich war erschüttert, als ich Ende der 1980er-Jahre vor dem Grab stand, weil es so devastiert war. Ich habe dann begonnen, bei uns im Magischen Club und bei anderen Zauberkünstlern um Spenden für die Renovierung zu bitten. Darunter war auch David Copperfield. So konnten wir bis heute etwa 12.000 Euro für die Renovierung bekommen. Jetzt fehlen nurmehr zwei bis drei tausend Euro für eine Steinschale und einen Rosenstrauch. Danach wird das Grab so aussehen wie nach der Fertigstellung 1906.“

Compars Herrmann wurde am 26. Februar 1816 nach eigenen Angaben in Hannover geboren, es könnte aber auch ein kleines galizisches Dorf gewesen sein. Er stammte aus einer Zauberkünstlerfamilie und war Teil dessen, was manche als „erste Familie der Magie“ bezeichnen. „Compars Herrmann war das erste von acht Kindern. Sein Vater Samuel Herrmann war angeblich Arzt, aber er war viel eher ein Apotheker oder Pillendreher, der in Deutschland herumgereist ist und ursprünglich aus Paris stammte.“

In Archivunterlagen wird der Vorname von Compars Herrmann fälschlicherweise als Carl geschrieben. „Der Vorname Carl ist kein üblicher jüdischer Vorname. Es dürfte eine falsche Interpretation der Abkürzung „C.“ in Zeitungsartikeln zu seinen Lebzeiten gewesen sein. Allerdings hat mir der Vorname Compars immer Rätsel aufgegeben. Ich konnte keine Herleitung dieses Vornamens finden“, sagt Magic Christian.

Rosalia und Compars Herrmann: ein angesehenes Wiener jüdisches Künstlerpaar des 19. Jahrhunderts.

Compars Herrmann war schlank, und sein Gesicht hatte durch einen Kaiserbart mit Schnurrbart ein dämonisches Aussehen. Sein Humor war hinterlistig, und er präsentierte seine Magie auf geheimnisvolle, leichte Weise. Die Kritiker seiner Zeit sagten, seine schauspielerischen Fähigkeiten seien denen der talentiertesten Schauspieler, Sänger und Tänzer des 19. Jahrhunderts ebenbürtig. Für Magic Christian konnte sich Compars Herrmann „hervorragend vermarkten. Er war vielleicht gar nicht so ein herausragender Zauberkünstler, aber ein Marketinggenie. Wie viele andere Zauberkünstler hat er auch bei seinen zahlreichen Tourneen die ganze Welt bereist. Er war in Europa, Süd- und Nordamerika und im Nahen Osten ein sehr bekannter Künstler, der mit seiner Arbeit ein großes Vermögen verdient hat.“

Solange er noch in Paris lebte, sah er sich regelmäßig im Théâtre Robert Houdin die Zaubervorstellungen an. Am meisten beeindruckten ihn die damals völlig neuen Illusionskunststücke. 1848 hatte Compars Herrmann genug Geld, um sich eine Ausrüstung für eine dreistündige Vorführung zu kaufen. Er verließ Paris und ging nach England, wo er mehr als 300 Vorstellungen gab. Von nun an bezeichnete er sich selbst als Ersten Professor für Zauberei. Ab 1850 tourte er durch Deutschland, Österreich, Russland, Italien und Portugal.

„Sie brauchen keinen Zauberstab,
um Ihre Wunder zu vollbringen.“

Bewunderer über Compars Herrmann

Vielgereist, reich beschenkt, hoch dekoriert. Compars Herrmann zeigte seine Kunststücke vor vielen gekrönten Häuptern und Staatsmännern in aller Welt – vor dem russischen Zaren ebenso wie vor dem türkischen Sultan und dem amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln. In Portugal wurde er vom damaligen König zum Chevalier Herrmann ernannt. In Russland schenkte ihm Zar Nikolaus als Anerkennung für seine Darbietungen eine gravierte goldene Uhr, die mit Diamanten, Perlen und Amethysten verziert war. Zwischen 1859 bis 1865 bereiste er Süd- und Nordamerika. Im Januar 1861 war er in Havanna, Kuba. Seine Bewunderer sagten: „Sie brauchen keinen Zauberstab, um Ihre Wunder zu vollbringen. Aber“, fügten sie hinzu, „wir dachten, Sie hätten den besten Zauberstab verdient, der je geschaffen wurde“. Sie überreichten ihm einen Zauberstab aus Gold, besetzt mit Diamanten und Saphiren. Auf dem Stab war sein Porträt zusammen mit einer Inschrift eingraviert.

Compars Herrmann konnte allein in fünf Wochen seiner Tournee bei ausverkauften Sälen insgesamt 35.000 Dollar verdienen (1.030.000 Dollar im Jahr 2022). Zwischen seinen ausgedehnten Reisen kehrte er jedoch immer wieder nach Wien zurück und widmete sich der Sammlung und dem Handel mit alten Kunstwerken. Er engagierte sich auch für wohltätige Zwecke und verzichtete oft auf seine Gage, wenn er vor sozial benachteiligtem Publikum auftrat. Er trat in Wien im Carltheater und im Theater an der Wien auf. 1865 erhielt er die österreichische Staatsbürgerschaft.

1852 hatte er die damals sehr bekannte Sängerin Rosa Goldstein-Csillag geheiratet. Das Paar bekam eine Tochter, aber die Ehe hielt nicht, weil beide zu sehr ihrer Karriere verpflichtet waren. Über Rosa Csillag bestand auch eine angeheiratete Verwandtschaft zwischen der Familie Herrmann und dem Entfesselungskünstler Harry Houdini. Zehn Jahre später heiratete der Zauberkünstler in zweiter Ehe die Pariserin Rosalia Levy. Compars Herrmann war in der Wiener Gesellschaft und auch bei anderen Künstlern sehr beliebt, und so widmete ihm Johann Strauß Sohn 1852 seine Herrmann-Polka, op. 91.

Compars Herrmann bewohnte eine große Wohnung im heutigen Opernringhof, die er aber während des Börsenkrachs 1873 zur Versteigerung geben musste. Finanziell angeschlagen, ging er danach wieder auf Tournee und konnte innerhalb von wenigen Jahren noch einmal ein beachtliches Vermögen verdienen. Er bezog eine Wohnung in der Nibelungengasse 8, wo er auch ein Museum mit Artefakten seiner zahlreichen Reisen führte, die er später der k. und k. Ethnographischen Sammlung in Wien schenkte. Magic Christian konnte 2009 diese Artefakte im Rahmen einer kleinen Ausstellung im Weltmuseum zeigen.

Im Frühsommer 1887 bekam Herrmann ein Leberleiden und begab sich zur Behandlung nach Karlsbad. Dort erkrankte er an einer Lungenentzündung und starb am 8. Juni 1887 im Alter von 71 Jahren. Seine Überführung nach Wien wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung begleitet, wo er im alten jüdischen Teil des Zentralfriedhofs begraben wurde. Zu seinen Ehren wurde 2008 in Wien Floridsdorf der Compars-Herrmann-Weg nach ihm benannt.

Rosalia und Compars Herrmann ließen sich immer wieder von Künstlern porträtieren. Neben zahlreichen Lithografien und Ölbildern haben zwei Porträts eine besondere Geschichte. Die Ölbilder sind von Sigmund Dux und Friedrich von Amerling gemalt und wurden durch einen Schenkungsbrief von Rosalia Herrmann nach ihrem Tod dem Kunsthistorischen Museum übergeben. Ihre Bedingung war, dass die Bilder nie getrennt werden sollten und immer nebeneinander aufgehängt werden. Magic Christian fand diesen Schenkungsbrief, aber die Bilder waren nach dem Zweiten Weltkrieg in getrennten Museen aufbewahrt worden. Er veranlasste die Wiedervereinigung der Bilder, und nun hängen sie nebeneinander im Archiv des Österreichischen Museums im Schloss Belvedere.

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