Ob Rapper oder DJ, ob wohlhabende Innenstadtdame oder ländliches Schulkind, ob abgekämpfter College-Sportler oder distinguierter Anwalt am Dress Down Friday – sie alle tragen bunte Kapuzensweats aus Baumwolle, dezent einfärbig oder mit schrillen Markenlogos über der ganzen Vorder- und Rückseite. Und das Phänomen betrifft längst nicht mehr nur die USA, sondern lässt sich rund um den Globus feststellen. Das Hoodie ist ein universelles Kleidungsstück geworden: zum täglichen praktischen Einsatz und zugleich als modisches Statement.
Die Anfänge waren eher prosaisch. Die beiden Brüder William (Bill) und Abraham (Abe) Feinbloom gründeten 1919 in Rochester im Bundesstaat New York ihre Knickerbocker Knitting Co. Die Firmenidee war, haltbare wärmende Berufskleidung für unterschiedliche Branchen zu erzeugen. Das waren erst fest gewebte Baumwoll-Sweatshirts und bald auch solche mit fix angenähter Kapuze. Die ersten Zielgruppen dafür sollten Arbeiter in den Kühlhäusern New Yorks sein sowie Männer, die im Winter auf Bäume kletterten, um den Schnitt in der laubfreien Zeit zu erledigen.
Bill und Abe Feinbloom waren ihr Leben lang
nicht nur kluge Unternehmer, sondern auch
hochgeschätzte Wohltäter.
Doch das war den beiden Unternehmern nicht genug. Sie überlegten, dass sich die Hoodies auch gut für Sportler eignen könnten, vor allem beim Training, beim Aufwärmen oder nach dem Wettbewerb, um sich verschwitzt nicht zu verkühlen. Die Feinblooms dürften sich beim Verkauf viel Mühe gegeben haben, putzten zahlreiche Klinken und suchten Kunden und Kooperationspartner in mehreren Bundesstaaten. Zu den Ersten, die einen größeren Auftrag für Hoodies platzierten, gehörten etwa die Wentworth Military Academy in Lexington, Missouri, bald darauf die Teams der University of Michigan in Ann Arbor.
Es sollte nicht lange dauern, bis Knickerbocker die unterschiedlichen Kampfmannschaften von High Schools und Colleges quer durch die USA mit Hoodies ausstattete. Schullogos wurden aufgenäht, und die Burschen aus den Teams gaben die neuen Sweatshirts immer wieder an ihre Freundinnen weiter. Die Funktionskleidung bekam so auch einen neuen Aspekt, den modischen. Mit dem verlagerten Schwerpunkt aus den Fabriken in die Schulen und Universitäten gab sich die Firma einen neuen Namen: „Champion Knitting Mills“ und schließlich „Champion Knitware“. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg begann auch die US Military Academy, Hoodies für ihre künftigen Offiziere zu beschaffen.
Nach dem Krieg ging der Boom quer durch die USA unvermindert weiter. 1967 brachten die Feinblooms das Unternehmen an die Börse. In den 1980er-Jahren lieferte Champion bereits an 2.000 Colleges in den USA, an 19.000 High Schools und an mehrere Teams der National Football League (NFL) sowie der National Basketball Association (NBA). Ausstattungen für diverse US-Sportmannschaften in internationalen Bewerben folgten.
Dann schwappte die nächste Modewedelle hoch. Abseits der Sportstätten entdeckten die schwarzen Street Kids den Kapuzenpullover für sich. Und es sollte nicht lange dauern, bis die Ralph Laurens und Tommy Hilfigers ihrerseits den Ball aufnahmen und Hoodies in ihre Kollektionen für kaufkräftige Kunden der Mittelschicht aufnahmen. Fast sämtliche anderen globalen Brands folgten, bis hin zu den großen französischen Designernamen.
Verkauf und Weiterverkauf. Diese Entwicklungen und die guten Unternehmenszahlen machten Champion für große Konkurrenten interessant. 1989 übernahm die Sara Lee Corporation, die einstige Consolidated Food, nach langwierigen Verhandlungen Champion um 320 Mio. Dollar. Sara Lee hatte entsprechend der damaligen Business-Doktrin, die die Formation riesiger Mischkonzerne vorsah, ein seltsames Sammelsurium an Herstellern unterschiedlicher Produkte zusammengekauft: Den Kern bildeten Lebensmittel, vom Fleisch bis zu Kaffee und Kuchen, daneben gab es Bekleidung, etwa Strumpfhosen der Marke L’eggs oder Damenwäsche mit Namen wie Playtex oder Wonderbra, Schuhcremen, Wasch- und Putzmittel oder Körperpflegeprodukte.
Doch die Management-Philosophie änderte sich wieder, weg von den unübersichtlichen Gemischtwarenläden hin zu strategisch ausgerichteten Branchengruppen. Sara Lee begann sich zu verschlanken und verkaufte eine Tochter nach der anderen: an Unilever, an Procter & Gamble oder an Smithfield Foods. Im Jahr 2006 gab Sara Lee schließlich sämtliche Textil- und Bekleidungstöchter ab, inklusive Champion. Dieses gehört nun zu Hanesbrands, einem Textilkonzern aus North Carolina, bekannt vor allem für Unterwäsche, etwa die klassischen weißen T-Shirts. Hanes beschäftigt weltweit 63.000 Frauen und Männer und wird an der New York Stock Exchange gehandelt. 2022 erzielte der Konzern einen Umsatz von 6,23 Mrd. US Dollar.
TEMPEL, BIBLIOTHEK UND MUSIKSTIPENDIEN
Die Feinblooms als Wohltäter in Rochester
Beide Feinbloom-Brüder wurden nicht nur für ihre unternehmerischen Leistungen bekannt, sondern auch als Sponsoren und Unterstützer von sportlichen, kulturellen oder jüdischen Aktivitäten in ihrer Heimatstadt. Bill und seine Frau Mildred gründeten etwa schon 1948 einen Rochester Friendship Council, später dotierten sie einen Mildred Feinbloom International Student Scholarship Fund für die örtliche Eastman School of Music. Abe wiederum förderte die Rochester Jewish Sports Hall of Fame und war im Board of Directors des Jewish Community Council von Rochester aktiv. Er organisierte Gelder für einen neuen Campus des Rochester Institute of Technology (RIT), war Chairman des Baus des B’rith Kodesh Tempels und finanzierte eine Bibliothek im lokalen Jewish Community Center, die noch heute seinen Namen trägt.