Editorial

„Wir können eine Krise nicht lösen, ohne sie als eine Krise zu behandeln. [...] Wir müssen den Fokus auf Gerechtigkeit lenken. Wenn es unmöglich ist, Lösungen im bestehenden System zu finden, sollten wir das System an sich ändern.“ Greta Thunberg, beim UN-Klimagipfel 2018 in Kattowitz

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„Seht euch vor, dass ihr meine Welt nicht verderbt und zerstört.“ – Cool Globes war eine Installation des Künstlers Paul Taylor in Jerusalem. © flash 90

Erst vor einigen Tagen hat der Schofar das Jahr 5780 eingeleitet und damit die Grenze zum alten Jahrzehnt und zu jener Zeit markiert, in der wir unsere Sünden auflisten und um Vergebung bitten. Doch genau in dieser Übergangszeit sollen wir nicht nur um Vergebung bitten und vergeben, sondern auch innehalten und an die Glücksmomente des vergangenen Jahres denken: ein Urlaubstag am Strand mit der Familie, eine Bergwanderung mit Freunden in der Sonne, ein stiller Spaziergang alleine durch die Wiese – Momente, die so vollkommen glücklich sind, dass sie für immer in unserer Erinnerung bleiben. Das beständige Streben nach Wiederholung dieses Glücks ist wohl die Grundlage unserer Existenz.
Das zu Ende gehende Jahr war erneut ein bewegendes: politische Turbulenzen, unberechenbare Politiker und Flüchtlingskatastrophen jagen einander immer schneller. Und auch wenn wir leider immer abgehärteter werden: Die Tendenz, dass die Welt gefährlicher wird und die Gefahren nicht nur entfernte Regionen, sondern die gesamte Erde bedrohen, wird uns allen immer deutlicher. Weltweite klimatische Veränderungen, die nicht mehr nur als „Wetterkapriolen“ abgetan werden können, Waldbrände, Gletscherschmelze, das Aussterben zahlloser Tierarten und wachsender Hunger beeinflussen uns als Gesellschaft wie als Individuen. Der Kampf gegen die drohende Katastrophe beeinflusst politische Entscheidungen und entscheidet Wahlen. Die wachsende Sorge vor ihr birgt aber auch großes Potenzial: Immer mehr Menschen verstehen, dass die einzige Chance, die wir haben, ein solidarisches Miteinander ist. Nur gemeinsam – grenzen-, völker- und religionsübergreifend – können wir Wirtschaft und Politik beeinflussen, und nur gemeinsam können wir nachhaltige Lösungen finden, um unserer Pflicht nachzukommen: den folgenden Generationen eine Welt zu hinterlassen, die über-lebbar sein wird. „Seht euch vor, dass ihr meine Welt nicht verderbt und zerstört. Denn wenn ihr es tut, wird es niemanden geben, der sie nach euch wieder instand setzt“, heißt es im Midrasch. Wir haben nur diese eine Welt und offenbar nur diese eine Chance.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein Jahr 5780, in dem wir miteinander und mutig die Chance ergreifen, unsere Welt nachhaltig zu schützen, damit noch viele Generationen hier glücklich dem Klang des Schofars lauschen können. Gmar chatima towa!

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