Auf eine offizielle Eröffnung musste zwar im Haus der Geschichte verzichtet werden, bedauert Direktorin Monika Sommer. Aber fein sei es, dass das Haus nun wieder für Besucher offen sei. Und ja, schön ist es, wieder einmal an einer Kasse zu stehen und eine Eintrittskarte zu lösen und noch schöner natürlich, in einem Museum zu stehen. Echte Welt schnuppern! Etwas unternehmen!

Das Haus der Geschichte Österreich beherbergt in seinen Räumlichkeiten in der Hofburg ja auch einen prominenten Balkon – jenen nämlich, von dem 1938 Adolf Hitler zu den ihm zujubelnden Menschen am Heldenplatz sprach. Auf dem Plateau vor diesem Balkon versucht Sommer stets Ausstellungen zu platzieren, die mit der NS-Zeit zu tun haben. Derzeit noch zu sehen ist hier etwa das, was von der Synagoge in der Malzgasse übrig blieb (wer die Schau „Nicht mehr verschüttet“ noch nicht gesehen hat – eine Empfehlung!). Und seit dieser Woche eben: „Verfolgen und Aufklären. Die erste Generation der Holocaustforschung“.

Rachel Auerbach: „Soll endlich bei allen Menschen in allen Ländern das volle Bewusstsein aufgehen zu was Faschismus, Totalitarismus, Gleichgültigkeit, politische Indifferenz und die Trägheit der Massen führen … zu was die Wiederherstellung deutscher Stärke führen kann!“

Konzipiert wurde die Schau von der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz, dem Touro College Berlin und der Wiener Library London – in Wien ist sie nun auf Initiative des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocaust-Studien (VWI) zu sehen. Simon Wiesenthal (1908-2005) ist natürlich auch einer der hier Porträtierten und bis heute wohl einer der bekanntesten, wenn es um das Aufzeigen der NS-Gräuel direkt nach 1945 ging. Nachgezeichnet wird aber etwa auch das Wirken von Nachman Blumental (1905-1983, Hauptgutachter der Anklage gegen Rudolf Höß, den Kommandanten des KZ Auschwitz sowie ab 1947 der erste Direktor des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau), Raphael Lemkin (1900-1950, Initiator der UN-Genozidkonvention von 1948) oder Gerhart Riegner (1911-2001, schickte bereits 1942 Telegramme an die englische und US-amerikanische Regierung, um auf die Ermordung von Juden in Europa aufmerksam zu machen).

Simon Wiesenthal: „Ich bin der Überzeugung, dass jeder Naziprozess an und für sich aus historischen und moralischen Gründen wichtig ist und dass er als Lehrstunde für junge Menschen von eminenter Bedeutung ist. Solche Prozesse sind eine Warnung an die Mörder von morgen, die vielleicht schon geboren sind.“

Was diese Schau aber vor allem auszeichnet ist, dass sie darauf aufmerksam macht, dass auch zahlreiche Frauen Aufklärungs- und wissenschaftliche Arbeit zum Holocaust leisteten. Sie waren oft nicht in Führungspositionen und sind im allgemeinen Bewusstsein daher kaum nicht nicht vorhanden, ihre Beiträge sind aber nicht weniger wichtig.

Eine von ihnen war Rachel Auerbach (1903-1976). Sie etablierte Überlebendenberichte als elementaren Bestandteil der Holocaustforschung. Auerbach stammte aus Galizien, studierte Philosophie und Psychologie und arbeitete dann als Journalistin in Warschau. Im 1940 dort errichteten Ghetto leitete sie eine Suppenküche und arbeitete für Emanuel Ringelblums Untergrundarchiv Oyneg Shabes (Freude am Schabbes). 1943 konnte sie flüchten und in einem Versteck überleben. Nach Kriegsende führte sie die Arbeit des Ringelblum-Archivs fort, 1947 veröffentlichte sie einen Bericht über das Vernichtungslager Treblinka („Oyf di Felder fun Treblinka“). Sie emigrierte schließlich nach Israel und leitete dort die Abteilung für Zeitzeugenberichte von Yad Vashem.

Eva Reichmann: „Wir alle haben eine Pflicht gegenüber unserer Vergangenheit zu erfüllen.“

Eva Reichmann (1897-1998) wiederum war eine deutsche Historikerin und Soziologin, die 1939 flüchten konnte und Leiterin der Forschungsabteilung der Wiener Library wurde. Sie arbeitete zum deutschen Judentum und Antisemitismus und sammelte in den 1950er Jahren tausende Berichte von Holocaust-Überlebenden.

Wer in weitere spannende Biografien eintauchen möchte: Die Schau „Verfolgen und Aufklären“ ist bis 26. April im Haus der Geschichte Österreich zu sehen.

 hdgoe.at 

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