Der Zeitgeschichtler Oliver Rathkolb hat als Leiter des internationalen wissenschaftlichen Beirats des „Hauses der Geschichte Österreich“ viel Kritik einstecken müssen. Über die Gründe dafür und die Umgestaltung des „Hitler-Balkons“ sprach er mit Marta S. Halpert.
WINA: Im Arbeitsprogramm der Bundesregierung wurde die Realisierung des „Hauses der Geschichte“ in der Neuen Burg nun festgelegt. Zum inhaltlichen Konzept zitieren Sie eine aktuelle SORA-Umfrage, wonach sich 64 Prozent der Befragten ein „Forum für Zeitgeschichte“ wünschen. Wie soll das umgesetzt werden?
Oliver Rathkolb: „Forum für Zeitgeschichte“ bedeutet, dass es zwar eine klassische Sonderausstellung geben wird mit Objekten, Narrativen, Filmen, Installationen aus dem künstlerischen Bereich zu zentralen historischen Themen des späten 19. und 20. Jahrhunderts. Aber es wird kein Museum im herkömmlichen Sinn, sondern ein „Haus der Geschichte Österreich“ (nicht Österreichs), weil es wichtig ist, an diesem Platz zu diskutieren, z. B. zu bestimmten historischen Fragen der Gegenwart. Wir hatten schon lange vor der aktuellen Flüchtlingswelle aus Syrien, Irak und Afghanistan diesen wichtigen Themenblock in das Konzept hineingeschrieben, denn wir wollen auch gegenwartsbezogene Veranstaltungen machen, Symposien und Vorträge. Vor allem viel mit jungen Leuten im Internet arbeiten und versuchen, spannende Vermittlungsprogramme zu gestalten, um jene Gruppen in das Haus zu bringen, die sonst nie ein Museum betreten würden. Das war auch ein Ergebnis unserer Umfrage, dass es unter den 25- bis 30-Jährigen eine generelle Ablehnung gegenüber Museen gibt. Das betrifft ebenso ein Kunstmuseum wie auch die Oper, vielleicht gehen noch einige in das Burgtheater. Dieses Problem versuchen wir mit einem sehr spezifischen Aktionsprogramm anzupacken.