Julia Rauchmann: „Langsam beginne ich mich mit Wien abzufinden.“

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JULIA RAUCHMANN wurde in Lodz geboren. Als Zweijährige zog sie mit ihrer Familie nach Schweden, mit sechs kam sie nach Wien. Nach der Matura heiratete sie um 1966; aus der Ehe entsprangen zwei Kinder. 1973 wanderten die Rauchmanns nach Israel aus und kehrten 1978 zurück nach Wien. Beruflich leitete Julia die Praxis ihres Mannes und organisierte internationale Tagungen für Zahnimplantate. 2009 zog sie ins Maimonides-Zentrum und war Herausgeberin der monatlichen Zeitung Mai.Monat. © Ronnie Niedermeyer

Warum Wien? Ehrlich gesagt ist es Zufall, dass ich hier lebe. Vor dem Krieg lebten meine Eltern in Łódź. Nach Ghetto und KZ haben sie sich in Łódź wiedergetroffen, wo ich dann entstanden bin. Für meine Eltern galt Wien immer nur als Zwischenstation, und mir trichterten sie schon als Kleinkind ein, dies sei nicht meine Heimat. Als junges Mädchen traf ich hier meinen späteren Mann, einen Israeli, der zum Medizinstudium nach Wien gekommen war. Nachdem er das Studium beendete, war unser Sohn sechs Jahre alt, und ich wollte unbedingt, dass er die Schule in Israel beginne. Nach langem hin und her willigte mein Mann ein, und 1973 emigrierten wir mitten im Jom-Kippur-Krieg nach Israel. Endlich hatte ich das Gefühl, in meiner Heimat angekommen zu sein. Da mein Mann sich in Israel nicht wohlfühlte (obwohl er ja der Israeli war), beschloss er 1978, dass die gesamte Familie nach Wien zurückkehre. Über diese Entwicklung war ich todunglücklich. Da ich aber meinen Kindern nicht die Familie nehmen wollte, blieb mir nichts anderes übrig, und so landete ich wieder in Wien, wo ich mich inzwischen gar nicht mehr daheim fühlte. Im Jahr 2000 zerbrach schließlich unsere Ehe. Da mir mit 63 Jahren ein Bein abgenommen werden musste und meine Wohnung nicht barrierefrei war, zog ich in eine kleine Wohnung in der Residenz des Maimonides-Zentrums. Langsam beginne ich mich mit Wien abzufinden.

Tipp: Hier im Maimonides-Zentrum bin ich überaus zufrieden und fühle mich wohl – insbesondere, seit Micha Kaufmann die Direktion übernommen und viel Jüdisches in das Heim gebracht hat.

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